Um die Betreuung in Kitas und den Schulunterricht bei steigenden Infektionszahlen zu sichern, hat der Bund im Sommer 2021 entschieden, nicht nur fest verbaute, sondern auch die Anschaffung mobiler Luftreinigungsgeräte zu fördern. Aufgrund des hohen baulichen, technischen und zeitlichen Aufwands beim Einbau stationärer Lüftungsanlagen sind neben dem klassischen Lüften die mobilen Luftreiniger in vielen Kita- und Schulräumen die erste Wahl. Im Gespräch mit Stefan Griesemann, erläutert uns der Geschäftsführer der Thieme GmbH, wie diese mobilen Luftfiltergeräte funktionieren und warum aus seiner Sicht das Thema Belüftung bei allen Neubauten grundsätzlich mitgedacht werden sollte.
Nachdem es über viele Monate zahlreiche Diskussionen über den Einsatz von mobilen Luftreinigern in Kita- und insbesondere in Schulräume gegeben hat, wollen viele Kommunen nun die Geräte anschaffen, um im Herbst bzw. im Winter die Kinder nicht wieder nach Hause schicken zu müssen. Aus Ihrer Sicht zu spät, Herr Griesemann?
Sicherlich haben wir in den letzten Monaten und Wochen viel wertvolle Zeit verloren, um die Kitas und Schulen für den bevorstehenden Corona-Herbst und die Wintermonate fit zu machen. Ich bin allerdings froh, dass auch immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass mobile Luftreiniger eine sinnvolle Ergänzung zum herkömmlichen Stoßlüften sind, um die Virenlast in Räumen zu reduzieren und somit das Risiko einer möglichen Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu minimieren.
Dennoch gibt es einige Gemeinden, in denen beim Thema Innenraumhygiene und Luftaustausch das klassische Stoßlüften die erste und oft auch einzige Wahl ist. Der Nutzen der Luftfiltergeräte wird als zu gering erachtet, während die Kosten für die Anschaffung als zu hoch und der Geräuschpegel als zu laut bewertet werden. Was sagen Sie dazu?
Das regelmäßige Lüften von Räumen werden auch mobile Luftreinigungsgeräte nicht vollständig ersetzen können. Dennoch das Aufstellen mobiler Luftreiniger in geschlossenen Räumen – insbesondere in solchen mit eingeschränkter Lüftungsmöglichkeit – eine sinnvolle technische Maßnahme, um eine gute Luftqualität in Räumen sicherzustellen. Bei fachgerechter Positionierung und Betrieb ist ihr Einsatz sehr wirkungsvoll, um während der noch anhaltenden Pandemie die Wahrscheinlichkeit indirekter Infektionen zu minimieren.
Sie sagen, dass mobile Luftreinigungsgeräte die Notwendigkeit für das Lüften nicht ersetzen können. Woran liegt das?
Die mobilen Luftfiltergeräte müssen Sie sich wie eine Art Staubsauger vorstellen: mit Hilfe eines Ventilators wird die im Raum vorhandene und möglicherweise kontaminierte Luft angesaugt und über verschiedene Filter im Gerät gereinigt. Die Filter sind dabei so konstruiert, dass sie selbst winzige Partikel, wie zum Beispiel mit Coronaviren verunreinigte Aerosole, aus der angesaugten Luft herausfiltern und diese somit „reinigen“. Die mobilen Geräte können allerdings weder die durch Atmung entstehende Luftfeuchte noch Kohlendioxid aus der Innenraumluft beseitigen. Eine Zufuhr mit frischer Außenluft ist daher zwingend notwendig, damit unter anderem die Konzentration bei Schülerinnen und Schülern nicht nachlässt.
Nun ist ja nicht jeder Raum gleich. Was gilt es zu beachten, damit die mobilen Luftreiniger tatsächlich auch effektiv arbeiten und als geeignetes Hilfsmittel im Infektionsschutz eingesetzt werden können?
Das entscheidendste Kriterium ist sicherlich die so genannte Förderleistung des Gerätes. Damit ist der Luftdurchsatz durch das Gerät gemeint, denn die Luftreiniger müssen entsprechend der jeweiligen Raumgröße einen ausreichend hohen Luftstrom an gefilterter bzw. aufbereiteter Luft bereitstellen. Beispielsweise benötigt man die Förderleistung des fünf- bis sechsfachen Raumvolumens pro Stunde, um bereits während der Unterrichtsstunde die Konzentration infektiöser Partikel um 90 Prozent im Raum zu reduzieren. Auch ist die bereits erwähnte Positionierung des Gerätes im Raum von zentraler Bedeutung. Hierbei geht es nicht nur um den größtmöglichen Erfolg beim Filtern der Luft, sondern auch um das Wohlbefinden aller im Raum anwesenden Personen. Nach Möglichkeit sollte z.B. der Zugstrom so ausgerichtet sein, dass er nicht als störend wahrgenommen wird. Außerdem sollte die Geräuschentwicklungen bei der Auswahl des Geräts und der Wahl des Standorts berücksichtigt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Thieme beraten hier kompetent und unterstützen bei der Auswahl des richtigen Gerätes sowie der fachgerechten Positionierung der mobilen Luftreinigungsgeräte im Raum.
Stichwort Geräuschentwicklung: Ein großes Problem sehen viele Kritiker und Kritikerinnen in den dauerhaften Geräuschen, welche die Geräte erzeugen. Gibt es technische Möglichkeiten, um hier Abhilfe zu schaffen?
Die Lautstärke hängt zunächst einmal davon ab, wie groß der Raum ist, in den ein Luftreinigungsgerät aufgestellt werden soll. Dabei gilt der Grundsatz: Je größer der Raum, desto höher muss der notwendige Luftdurchsatz gewählt werden. Dies führt zwangsläufig zu einer Geräuschentwicklung. Abhilfe könnte aber zum Beispiel mehrere kleinere Luftfilter schaffen, die zusammengenommen die Leistung eines großen Gerätes ersetzen. Diese könnten sogar noch effizienter für die Filterung der Raumluft sorgen, da sie im Raum verteilt aufgestellt werden können. Auch gibt es Geräte, die nicht mit einem Filtersystem arbeiten, sondern die die durchgeleitete Luft zum Beispiel mit UV-C oder Plasma/Ionisation behandeln, um mit Viren belastete Luft zu reinigen. Diese Geräte sind allerdings deutlich teurer im Vergleich zu denen mit klassischen Filtersystemen und es gilt den direkten Kontakt mit der UV-Strahlungsquelle zu verhindern.
Wären dann nicht fest installierte Luftfilteranlagen die bessere Alternative, vor allem im Hinblick auf die Filterleistung, die Geräuschentwicklung sowie möglichen Sicherheitsproblem?
Auf jeden Fall. Die nachhaltigste Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in geschlossenen Räumen ist natürlich der Einbau stationärer, das heißt fest installierter, raumlufttechnischer Anlagen. Stand heute besitzen allerdings erst rund zehn Prozent aller Schulen bundesweit solche fest installierten Lüftungsanlagen, um Klassenräume mit frischer Außenluft zu versorgen.
Woran liegt das?
Im Wesentlichen an den Kosten. Wenn Sie eine Schule oder einen Schultrakt mit einer zentralen Lüftungsanlage ausstatten reden wir schnell von sechsstelligen Beträgen und mehr. Zum anderen – und das ist viel einschneidender – ist die Nachrüstung eines Gebäudes mit einer zentral gesteuerten RLTAnlage nur mit einem enormen baulichen und technischen Aufwand möglich. Und Sie benötigen eine bauordnungsrechtliche Genehmigung – das kostet alles wertvolle Zeit, die wir in der Pandemie aktuell nicht haben. Bis die Bauarbeiten überall abgeschlossen wären, könnten wohl Jahre vergehen.
Wie lautet Ihr Rat?
Wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren und jetzt sukzessive die Schulräume in Deutschland mit RLTAnlagen ausstatten, um sie fit für die Zukunft zu machen. Bei allen Neubauten – ob bei Kitas, Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden – müssen wir umdenken und die Fragen der Belüftung direkt von Beginn an mitdenken. Stationäre, raumlufttechnische Anlagen sichern nicht nur eine wirksame Reduzierung der Virenlast in Räumen, sondern tragen auch zur Wärme- und Feuchterückgewinnung bei. Ein gut belüftetes Gebäude gewährleistet nicht nur ein hohes individuelles Wohlgefühl, sondern schont darüber hinaus auch Ressourcen und langfristig gedacht den eigenen Geldbeutel. Denn fest installierte Lüftungsanlagen sind auch nach der Corona-Pandemie noch von großem Nutzen, da sie nicht nur die Menge an Sars-CoV-2, sondern auch anderer möglicherweise vorhandener Erreger, wie z.B. Grippeviren oder Bakterien, klein hält.
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