Um die Ausbreitung von Viren und Bakterien zu reduzieren, ist es in geschlossenen Räumen notwendig, für einen guten Luftaustausch zu sorgen. Insbesondere in sensiblen Bereichen wie Schulen und Kindertagesstätten erscheint dies besonders wichtig – und gleichzeitig herausfordernd. Technische Lösungen, wie z.B. CO2-Ampeln, sollen beim regelmäßigen Lüften unterstützen. Im Gespräch erläutert Anatoli Seliwanow, Leiter Betrieb bei der WOBCOM, wie durch die automatische Messung von CO2-Werten die Innenraumhygiene nachhaltig im Alltag verbessert werden kann.
Herr Seliwanow, aktuell gibt es eine große Debatte in Deutschland, wie das Corona-Risiko im Schulunterricht reduziert werden kann. Viele Kommunen setzen dabei auf bedarfsgerechtes Lüften, Lehrer- und Elternverbände plädieren für mobile Luftfilter. Was sagen Sie?
Nach den Empfehlungen der Experten und Expertinnen für Innenraumlufthygiene des Umweltbundesamtes ist die Fensterlüftung der wirksamste Weg zu virenarmer Luft in geschlossenen Räumen. Räumlichkeiten, die nur über eingeschränkte Lüftungsmöglichkeiten verfügen, sollen zusätzlich mit einer technischen Unterstützung in Form von mobilen Lüftungsanlagen versehen werden. Das sehen wir bei den Stadtwerken und der WOBCOM im Grundsatz genauso…
Aber?
Viele Kommunen folgen dem Prinzip 20:5:20, wenn es darum geht, das Ansteckungsrisiko im Schul- und Kitabetrieb zu reduzieren. Das bedeutet, alle 20 Minuten die Fenster für 5 Minuten weit zu öffnen. Nur durch diese Maßnahme, kann sichergestellt werden, dass die empfohlene Obergrenze von etwa 1.000 ppm CO2 pro Kubikmeter Atemluft nicht überschritten wird.
Wo sehen Sie in der Praxis Probleme?
Um die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ansteckungsrisikos zu ermitteln, wird als Parameter auf den CO2-Wert zurückgegriffen. Aus meiner Sicht sollte für eine effektive Pandemieprävention die maximale Obergrenze noch deutlich unterhalb der empfohlenen 1.000 ppm CO2 pro Kubikmeter liegen. Dies liegt vor allem daran, dass das bedarfsgerechte Lüften von vielen Faktoren abhängig ist – beispielsweise von der Außen- und Innentemperatur, dem Luftdruck, den anwesenden Personen und zum Teil auch ihrem Alter, etc. Da kann es schnell zu einer trügerischen Sicherheit kommen mit fatalen Folgen für eine Kitagruppe oder einen Klassenverband kommen. Im Übrigen leidet erwiesenermaßen unter einer erhöhten CO2-Konzentration auch die Konzentration von Schülerinnen und Schülern im Schulalltag. Durch die permanente Messung und der sehr einfachen Möglichkeit der Auswertung im Dashboard über die Zeiträume ist es möglich neue Erkenntnisse bezüglich der Veränderung der CO2 Werte zu erlangen. Wir haben z.B. festgestellt, dass bei älteren Schülern die CO2 Werte deutlich schneller verändern als bei jüngeren Schülern.
Wie kann man die Kita- und Lehrkräfte beim richtigen Lüften unterstützen? Gibt es technische Möglichkeiten?
Wir sagen ganz klar: Aus unserer Sicht brauchen die Kita- und Lehrkräfte technisch Unterstützung, um Ansteckungen zu verhindern. Das können zum Beispiel so genannte CO2-Ampeln sein. Mit dem WOB.smart-Dienst haben wir bei der WOBCOM genau so eine Lösung geschaffen, die das richtige Lüften durch die automatische Messung von CO2-Werten über Sensoren im Alltag zuverlässig und sicher erleichtert. Unsere Sensorik stellt dabei ein effizientes Instrument dar, um den Erfolg einer natürlichen Lüftung durch Stoß- oder Querlüftung sicherzustellen, die dann auch eine hohe Wirksamkeit für den Luftaustausch hat.
Und wie funktioniert das Ganze?
Geschlossenen Räume, wie zum Beispiel in den katholischen Kindertagesstätten in Wolfsburg, werden für die Luftmessungen mit Sensoren ausgestattet. Diese ermöglichen es, Daten und Werte aus der Luft – wie CO2, Feuchtigkeit oder Temperatur – zu messen. Diese Hardware funktioniert auf Basis einer Verknüpfung mit einem verschlüsselten, separaten LoRaWAN-Funknetz bzw. der offenen, digitalen Plattform der WOBCOM. Technisch gesehen ist der “Rückweg” durchaus herausfordernd, nämlich die Steuerung der Aktoren, in diesem Fall der LED-Cubes, zur Signalisierung der aktuellen Messwerte. Hier wurde eine spezielle eigene Open Source-Komponente entwickelt, die diese Steuerung aus der Plattform über das LoRaWAN-Netz übernimmt.
Das klingt zunächst recht komplex. Ist diese Lösung tatsächlich alltagstauglich oder braucht es hier Schulungen und technisches Verständnis, um die CO2-Ampeln der WOBCOM zu nutzen?
Nein, ganz im Gegenteil. Wir haben unseren CO2-Ampeln so entwickelt, dass sie von jeder Anwenderin und jeden Anwender im Handumdrehen genutzt werden können – und das zuverlässig und wirksam. Lassen Sie es mich an einem konkreten Beispiel erläutern.
Sehr gerne.
Die von uns installierten Messgeräte in den Kindertagesstätten messen permanent CO2-Werte in den Spiel- und Aufenthaltsräumen. Diese Werte werden zusammen mit anderen Werten, wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Helligkeit, usw. werden verschlüsselt an die Datenplattform der WOBCOM gesendet. Die Werte können dann sofort über ein Dashboard z.B. direkt auf dem Smartphone dynamisch visualisiert werden. Ist eine direkte Visualisierung der CO2 Werte im Raum sinnvoll, wie z.B. in den Tagesstätten, so kann zusätzlich ein LED-Cube verwendet werden. Dieser stellt mit Hilfe von Lichtanzeigen Veränderungen bei den Messungen visuell dar und hilft somit umgehend entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Dabei funktioniert der Cube wie eine Ampel: Leuchtet der Cube grün, ist der CO2-Wert in Ordnung, leuchtet er dagegen gelb, sollte bald gelüftet werden. Leuchtet er aber rot, ist der angemessene CO2- Wert deutlich überschritten und es sollte unverzüglich gelüftet werden. Im Übrigen: Über das Dashboard auf einem Laptop erhält man noch Einblicke in weitere Werte, wie z.B. die Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und die Helligkeit des Raums und kann diese so zum Beispiel auch dafür nutzen, die Heizkosten langfristig reduzieren.
Kann das System auch auf andere Anwendungsbereiche übertragen werden?
Auf jeden Fall. Diese Steuerungskomponente hat Potenzial für weitere Anwendungsszenarien, worauf die WOBCOM stolz ist, denn Skalierung und Synergien zu weiteren Anwendungsfällen stehen stets im Vordergrund. WOB.smart ist flexibel, nach individuellem Kundenbedarf installierbar und kann damit unterschiedlichsten Unternehmen und Organisationen in verschiedensten Branchen Mehrwerte in der Optimierung ihrer Prozesse verschaffen – ob z.B. bei der Pandemiebekämpfung oder beim Abfallmanagement, bei dem Container mit Sensoren ausgestattet, um rund um die Uhr darüber informiert zu sein, wie hoch ihr Füllstand ist.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!